Im September 2012 hatten drei betrunkene Neonazis, die aus dem rechtsextremen Szenetreff „Zum Henker“ in Schöneweide kamen, einen jungen Mann nachts durch die Brückenstraße gejagt. Das Opfer flüchtete in das Grillhaus am Ende der Brückenstraße, Ecke Schnellerstraße. Der Imbiss-Inhaber Mehmet Y. drängte die gewalttätigen Verfolger aus seinem Laden und stellt sich schützend mit einem Dönerspieß vor den Angegriffenen, bis die Polizei eintraf und die drei Männer vorläufig festnahm. Wie dann der Staatsschutz feststellte, stammten die Angreifer aus Neuruppin, Hamburg und Schleswig-Holstein, was auch belegt, das der Henker ein überregionaler Treffpunkt der rechten Szene ist. Ermittelt wurde wegen versuchter Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung. Für seinen überaus engagierten mutigen Einsatz wurde Mehmet Y. in diesem Jahr mit dem Preis für Zivilcourage der Bezirks Treptow-Köpenick in der BVV ausgezeichnet.
Was aber passierte mit den rechten Schlägern, die im Imbiss auch noch rassistisch gepöbelt hatten?
Am 24.10.13 fand vor dem Amtsgericht der Prozess gegen zwei der drei rechten Täter statt, nachdem gegen den Dritten das Verfahren wegen einer anderen Verurteilung schon eingestellt worden war.
Von einer wirklichen Verhandlung konnte man jedoch nicht sprechen. Der Anwalt der Angreifer, der regelmäßig Täter aus der Neonaziszene verteidigt und der Staatsanwalt hatten sich offensichtlich schon vorher verständigt, dass da ja nicht viel passiert sei. Es wurde vereinbart, das Verfahren einzustellen. Die Beschuldigten erhielten lediglich die Auflage, einen Betrag von je 150 Euro an den Geschädigten zu zahlen.
Dieses „Urteil“ halten wir für einen Skandal und machen es darum öffentlich. Das ist keine angemessene Strafe für einen gewalttätigen politisch motivierten Überfall, zumal im Angstraum Brückenstraße. Für eine gefährliche Körperverletzung hätte eine Mindeststrafe von 6 Monate gedroht, die jedoch durch den Anwalt der Angreifer abgewendet wurde. Die Verfolgungsjagd durch die Brückenstraße hatte immerhin zum Ziel, einen Menschen zu verletzen, was nur durch das couragierte Eingreifen von Mehmet Y. verhindert wurde.
Das mangelnde Verfolgungsinteresse der Staatsanwaltschaft halten wir in diesem Fall für wenig sensibel. Das ist ein äußerst unbefriedigender Ausgang eines Verfahrens. Hier wird eine Tat verharmlost, die nicht hinnehmbar ist. Aus Sicht der Zivilgesellschaft wird damit ein falsches Zeichen gesetzt. Es ist eine Farce, wenn sich Bezirk und die Zivilgesellschaft gegen rechte Gewalt und für Zivilcourage engagieren, die Justiz aber solche Dinge nicht konsequent verfolgt und ahndet.
Dr. Hans Erxleben, Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Toleranz Treptow-Köpenick
Weitere Informationen über Zentrum für Demokratie Treptow-Köpernick, zfdtk(at)t-online(dot)de,

Tel.: 65487293, www.zentrum-für-demokratie.de